Diskussionen um marode Kanäle – AMME widerspricht CSU-Aussage

In der Gemeinderatssitzung am Dienstag, 24.07.2018, hielt der Abwasserverband AMME (Abwasserverband Main/Mömling/Elsava) durch Verbandsingenieur Harald Weiß und Kanalmeister Stefan Bergmann einen Vortrag über den Zustand der Kanal-Anlagen in Großwallstadt.

Was hatte die Diskussion ausgelöst?
Ein am 07. Mai im Main Echo erschienener Zeitungsartikel über die Jahreshauptversammlung der CSU enthielt folgende Passage:
Adrian hofft, dass die bereits gestellten Anträge und Nachfragen der CSU-Fraktion im Gemeinderat bezüglich der dringend anstehenden Kanalsanierung endlich auf fruchtbaren Boden fallen und Großwallstadt die längst überfälligen Sanierungen der Abwasserkanäle in Angriff nimmt. „Bürgermeister Eppig muss nun handeln bevor die maroden Kanäle zusammenbrechen. Es gibt jetzt keinen Grund mehr die Arbeiten noch weiter aufzuschieben.

Diese Aussage basierte vermutlich auf das öffentliche Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 07.11.2006. Dieses war in Sitzungen schon des öfteren angesprochen worden.

Darin heißt es:

Auszug aus dem Protokoll

Auf Anfrage erklärte Dipl. Ing. Fried, dass die Gesamtkosten der Sanierung ohne Straßenbelag ca. 5 Mio. € betragen. Bürgermeister Köhler stellte fest, dass die Sanierung natürlich schrittweise erfolgt, je nach Haushaltslage über die nächsten 5- 10 Jahre verteilt. Vom Verbandsingenieur und der Verwaltung wurde über den möglichen Zeitplan folgender Vorschlag unterbreitet:

Investitionen der nächsten 5 – 10 Jahre

2007:

50.000 € für punktuelle Reparaturen

2007/2008.

Regenüberlaufbecken nördlich Düker  (Höhe „Am hohen Ufer“) 1 Mio. Verband  (HH 2007 400.000 Rest 2008) geringer Teil Gemeinde (50.000 €). Anschluss möglicher  neuer Baugebiete erst später, dann entsprechend auch erst Kosten. Im Moment reicht Auslauf für jetzige nördliche Bebauung.

2008:  

Auflösung altes Überlaufbecken, von Nibelungenstraße 7 bis Ecke Schloßstraße (Austausch von DN 600 auf DN 1000,  150.000 €  Verbindung Gabelung Linden- /Niedernberger Straße bis Friedenstraße zur Verbesserung der Rückstauprobleme Sportplatzstraße / Schulstraße usw.  (Abwässer laufen im Moment über Schulstraße ab),  10.000 €.

2009/2010:

Weichgasse bis Mainstraße, alter Kanal in  Schmalzgasse bleibt erhalten, gegebenenfalls Inlinersanierung Kanal der über  Hauptstraße, Ankergasse zur Mainstraße führt, wird bis Kreuzung Adler/Ochsen auf DN 900 vergrößert, (250.000 €). Schlauchliner des alten Kanals in der Weichgasse und  Schmalzgasse (185.000 €).

2010/2011: 

Ausbau Haggraben Teilung des Abwassers Burgunderstraße, damit kein Austausch im engen Gässchen (frühere Einbahnstraße)
erfolgen muss, (60.000 €).

2012-2017:

750.000 € + Austausch Schloßstraße, Friedhof  u. Friedenstraße (Leitung zu klein  dimensioniert).

2011: 

700.000 €

2017        

750.000 €  Nächste  Kamerabefahrung erforderlich nach EÜV 2014/2015 (frühestens) Letzte Befahrung war 2004/2005.

Eine Entscheidung über den Vorschlag wurde nicht getroffen.

Ende des Auszugs

Bilder:

Schäden Kanal – Kamerabefahrung 2004

Obwohl der Kanal funktionsfähig ist gilt diese Haltung (von Kanaldeckel zu Kanaldeckel)  durch die einragenden Hausanschlussstutzen als stark sanierungsbedürftig. Kann man aber durch punktuelle Reparatur lösen.

Bild:

Kamerabefahrung März 2018, bevor die Diskussion um angeblich maroden Kanäle losgetreten wurde.

Bild der Kamerabefahrung zeigt in einem in den Kanal einragendem Hausanschlussstutzen eine Ratte. Anhand solcher Bilder wird auch die Bekämpfung der Nagetiere im Netz organisiert. Kanaldeckel mit gelben Punkt deuten auf Auslegung von Ködern im Kanal.

Ende Beispielbilder der Jahre 2004 und 2018.

Kanalinstandhaltung und Wasserversorgung sind elementare Aufgaben einer Verwaltung. In den vergangenen Jahren wurden auch sehr viele Kanäle ausgetauscht und repariert. Dies konnte jeder anhand der Baustellen bzw. -gruben Weichgasse, Hauptstrasse, Obernburger Strasse und dem Bereich Am Schießhaus/Kehlpfad erkennen. Der Kanal Schmalzgasse wurde im Inlineverfahren (ohne Aufbruch der Strasse) saniert. Die Sanierung des Regenüberlaufbecken nördlicher Düker wurde ebenfalls angegangen. Diese Instandsetzung fiel auf Vorschlag der AMME jedoch viel kostengünstiger als vom Ingenieurbüro vorgeschlagen aus. Es wurde bei Sanierungen nur dort Hand angelegt, wo es auch wirklich nötig war.

Der große Rundumschlag, wie im damaligen Gutachten vorgeschlagen, erfolgte aus folgendem Grund nicht:

Unser Kanalnetz wurde hydraulikmässig überrechnet. Vor Beendigung dieser Maßnahme sollte auf Anraten des AMME keine weitere Sanierung erfolgen.

Dies wurde dem Gemeinderat auch mitgeteilt. Entsprechendes Schreiben des AMME vom 22.03.2016 wurde in einer Powerpointpräsentation gezeigt.

Zitat: Mit einer Sanierungsentscheidung sollte man deshalb erst warten, bis das Ergebnis der hydraulischen Berechnung (Anmerkung der Redaktion: Kann der Kanal das anfallende Wasser aufnehmen) vorliegt.

Des Weiteren war im Schreiben des Zweckverbandes vom März 2016 folgendes vermerkt. Nach Angaben des für die AMME tätigen Ingenieurbüro IB-Kommunalplan wurden zwar Mängel festgestellt, ein sofortiger Handlungsbedarf ist jedoch nicht erforderlich.

Verbandsingenieur Harald Weiß stellte dies bildlich wie folgt dar: Eine Delle in einer Autotür macht diese nicht unbrauchbar, es sieht nur nicht schön aus.

Zwischenruf!

Zum Glück hielt sich die Verwaltung mit Unterstützung der Freien Wähler-Fraktion an den Vorschlag des AMME. Denn jetzt wissen wir:  Das Abwarten hat sich gelohnt und den Gemeindesäckel um mehrere Millionen Euro entlastet.

Wie ist das gemeint?

Hätte man die vorgeschlagenen Maßnahmen aus dem Gutachten umgesetzt wäre viel Geld verbrannt worden. In dem Gutachten war man von zahlreichen, zu klein dimensionierten Kanälen ausgegangen. Deren Hydraulik (Wasserdurchflussmöglichkeit) sei angeblich nicht ausreichend gewesen.

Die neue Netzüberrechnung ergab das Gegenteil. Hätte man dem damaligen Gutachten gefolgt  wären also funktionsfähige Kanäle getauscht worden. Des Weiteren wären unnötigerweise viele Strassen durch Baumassnahmen aufgerissen worden. Die Kosten dafür wären anteilmässig auf die Anrainer  umgelegt worden. Stichwort Strassenausbeibeiträge.

Also hat das umsichtige Handeln auch den privaten Geldbeutel vieler Bürger, nämlich  der Anrainer solcher Strassen geschont.

Über Strassenausbaubeiträge muss man sich seit 1.1.2018 aber keine Gedanken mehr machen.

Diese gibt es ja jetzt auf Initiative der Freien Wähler nicht mehr. Auch unser Ortsverband hatte für das Volksbegehren zur Abschaffung dieser Ungerechtigkeit (Alle nutzen die Strasse und nicht nur die Anwohner) Unterschriften gesammelt.

Ende Zwischenruf

Der Inhalt des AMME-Schreibens bezüglich Neuberechnung wurde mehrmals im Gemeinderat erwähnt und erklärt. Auf jeden Fall immer, wenn es Nachfragen der CSU-Fraktion zum Kanal gab.

Offensichtlich war dies  den CSU-Gemeinderäten nicht genug.  Diese wollten über ihren Ortsvorsitzenden unseren Kanal offensichtlich zum Wahlkampfthema machen.

In dem am 07. Mai erschienen Artikel über ihre Jahreshauptversammlung im Main Echo wurde umgangssprachlich „ein Fass aufgemacht“. Man  verunsicherte mit der Aussage über marode Kanäle die Bürger.

In der Haushaltsrede widersprach Bürgermeister Eppig der Aussage der CSU im Main Echo. Des Weiteren fragte er  in der Gemeinderatssitzung am 12. Mai die Fraktionssprecherin der CSU wo die marodenKanäle liegen sollen. Die Frage konnte nicht beantwortet werden. Nachzulesen im Bericht des Main Echo am 22. Mai 2018.

Dies veranlasste, die für die Aussage der „maroden Kanäle“ Verantwortlichen, aufs Rathaus zu gehen und Einblick in das damalige Gutachten zu nehmen.

Von der Verwaltung wurde den Einsichtnehmenden angeboten, die bei der Durchsicht notierten bzw. aufgeschriebenen Mängel und Einstufungen durch den AMME erklären zu lassen. Dies sollte Missverständnisse bei der Auslegung der Schadenseinstufungen vermeiden. Denn wenn in einer Kanalhaltung (Strecke zwischen zwei Kanaldeckeln bzw. -Zugängen) ein Mangel festgestellt wird, ist nicht gleich der ganze Kanal in dieser Strasse schadhaft. Leider wurde das Angebot nicht wahr genommen.

Vielmehr wurde in der Gemeinderatssitzung  am 12.06. eine Erklärung vorgelesen. Diese sollte belegen, dass die Kanäle doch marode sind.

Um diese Frage zu klären, wurde der Abwasserverband bezüglich eines Vortrages zum Kanalzustand eingeladen. Dieser erfolgte im Gemeinderat am 24.07.2018.

Um hier keine eigene Meinung zu interpretieren, wird auf den Artikel im Main Echo vom 27. Juli 2018 verwiesen. Der folgende Artikel ist der Main Echo   Online Ausgabe vom Donnerstg, 26.07.2018 entnommen.

Kanäle nun doch nicht marode

Das Ka­nal­netz der Ge­mein­de Großwall­stadt ist nicht ma­ro­de. Das ha­ben zahl­rei­che Zu­hö­rer am Di­ens­tag in der Ge­mein­de­rat­sit­zung er­fah­ren. Ge­schäfts­füh­rer Ha­rald Weiß und Sach­be­reichs­lei­ter für Um­welt, Ste­fan Berg­mann vom Ab­was­ser­zweck­ver­band Main-Möm­ling-El­sa­va (Am­me) re­fe­rier­ten über den Ka­nal­be­stand in der Ge­mein­de.

Die beiden Fachleute mussten in der Sitzung kritische Fragen beantworten. Grund der Diskussionen waren angeblich marode und zusammenbrechende Kanäle im Ortsnetz. Die CSU-Fraktion hatte der Niederschrift der Gemeinderatsitzung vom 15. Mai nicht zugestimmt. Grund war, dass Fraktionssprecherin Stefanie Gehrmann kritisiert hatte, dass ihre Frage nach maroden Kanälen von Bürgermeister Roland Eppig (FW) nicht richtig wiedergegeben wurde.

CSU: Sanierung längst überfällig

Die CSU-Fraktion hatte per Pressemitteilung aus ihrer Versammlung im Mai mitgeteilt, dass die dringend anstehende und längst überfällige Kanalsanierung endlich umgesetzt werden müsse. Die Aussagen in der Pressemitteilung basierten auf einem Gutachten eines Ingenieurbüros, das im November 2006 im Gemeinderat besprochen wurde.

Die CSU forderte deshalb, die Gemeinde müsse endlich handeln, bevor die maroden Kanäle in der Schlesierstraße, Sudetenstraße, Weichgasse, Turmstraße, Siegfriedstraße, Hagenstraße, Nibelungenstraße und Brunhildstraße zusammenbrechen. Darauf hatte die Verwaltung die Experten vom Amme zu einem Vortrag in den Gemeinderat eingeladen.

Laut Harald Weiß hat der Zweckverband das damalige Gutachten des Ingenieurbüros kritisch hinterfragt. Das Ingenieurbüro hatte bereits 2004 eine Sanierungsempfehlung gegeben. Unterschiedliche Büros hätten nicht immer miteinander korrespondiert und Daten ausgetauscht, so der Geschäftsführer.

Harald Weiß betonte, dass einige Kanäle zwar schadhaft seien, aber nach heutigem Stand nicht ausgetauscht werden müssten, sondern repariert werden könnten. Man wolle keine kosmetischen Schäden aufzeigen, sondern die Betriebssicherheit gewährleisten. Die Kanalberechnung war in diesem Jahr fertiggestellt worden.

Eine Straße bereite ihm doch etwas Bauchweh, betonte Stefan Bergmann. Die Nibelungenstraße weise auf zehn bis 20 Metern Risse auf und sei als Sofortschaden eingestuft. Deshalb werde man sich den Kanal in den nächsten Wochen anschauen. Bürgermeister Roland Eppig (FW) betonte, dass im Haushalt 800 000 Euro für Kanalbaumaßnahmen eingestellt seien.

Geschäftsführer Harald Weiß schlug vor, künftig jedes Jahr in Abstimmung mit der Gemeinde fünf Prozent des Kanalnetzes mit einer Kamera zu befahren, um mögliche Schäden festzustellen. Ein Ingenieurbüro soll die Ergebnisse dann auswerten. Mit dieser Instandhaltungsstrategie könne man sukzessiv das gesamte Straßennetz der Gemeinde überprüfen. Mit dem Vorschlag zeigte sich das Gremium einverstanden.

Bericht MARTIN ROOS, Main Echo

Fazit:
Für die Verantwortlichen der FW steht fest:
– Alles richtig gemacht in den letztenJahren.
– Millionen gespart.
– Reparaturen können jetzt nach der Neuberechnung ruhig angegangen werden.
Entscheiden Sie jetzt selbst, ob bei einer Kanallänge von über 23 Kilometern eine schadhafte Stelle auf 20 Metern Länge reicht, das Ortskanalnetz als marode zu bezeichnen.
Es wird nun geprüft, ob diese schadhafte Stelle mit der Inlinermethode (Strasse muss nicht aufgerissen werden) repariert werden kann. Kosten liegen dann zwischen 200 und 300 €  je laufender Meter.
Roland Eppig, 1. Bürgermeister
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