Der Neujahrsempfang der Freien Wähler kreisverband Miltenberg und des Ortsvereins Großwallstadt am Sonntag, 12.01.2014, war ein voller Erfolg.
Nach Begrüßung durch den Ortsvorsitzenden Bürgermeister Roland Eppig sprach das M. d. L Herr Dr. Hans Jürgen Fahn ein Grußwort über das Ehrenamt Landratskandidat. Schulamtsdirekter Bert Schmid ging in seinem Grußwort auf die demografische Entwicklung und die Thematik, auf das Wahlprogramm Agenda 2026 ein. Hauptredner Manfred Schmock hielt einen 40 minütigen Vortrag über das Thema „Alt werden ja – alt aussehen nein“. Schlussredner war der Kreisverbandvorsitzende Bürgermeister Thomas Zöller aus Mönchberg. Er erläuterte in seinem Schlusswort die Erfolge der Freien Wähler in der abgelaufenen Wahlperiode und ging auf die Ziele für die Periode 2014 bis 2018 ein.
Nach den Schlussworten wurde gemeinsam die Bayern- und die Nationalhymne und das Frankenlied gesungen.
Grußwort des Landratskandidaten Bert Schmid
Grußworte sollen kurz sein, weil´s die Leute eh nicht hören wollen – andererseits bin ich gebeten worden als LR-Kandidat ein längeres Grußwort zu sprechen.
Grußworte sollen zum Anlass und zur Veranstaltungsthematik passen – zum Stichwort Anlass „Neujahrsempfang“ darf ich Ihnen allen, meine sehr verehrten Damen und Herrn, alles Gute, insbesondere Gesundheit, viel Kraft, noch mehr Erfolg und die dazu notwendige Zuversicht für das uns alle herausfordernde Jahr 2014 wünschen.Zum Stichwort Veranstaltungsthematik, zu der das Grußwort auch passen soll, wird es jetzt schon schwieriger, da ich zwar das Thema unseres heutigen Festredners kenne, noch nicht aber dessen Inhalt; wobei mir das Thema „Alt werden Ja – Alt aussehen Nein“ schon sehr sympathisch ist und wo ich für diese positive Formulierung Herrn Schmock sehr sehr dankbar bin, denn gerade wir Deutschen neigen ja in unserer Jammermentalität dazu, bei jeder Thematik zuerst das Glas immer nur halbvoll zu sehen.
Sie kennen ja vielleicht schon diese Anekdote – die diese spezielle deutsche Mentalität übrigens sehr treffend beschreibt – vom Unterschied zwischen einem deutschen, einem englischen und einem französischen Rentner:
Der deutsche Rentner steht um 7.00 Uhr auf, trinkt seinen Kaffee, liest die Zeitung und macht sich dann an die Gartenarbeit; der englische Rentner steht um 8.00 Uhr auf, trinkt Tee, geht dann zum Golfen, anschließend zum Windhundrennen; der französische Rentner steht um 9.00 Uhr auf, trinkt seinen Cognac und dann ab zur Freundin.
Aber – um das Thema Demografie ernsthafter anzugehen, meine sehr verehrten Damen und Herrn, die Landesstatistik weist sehr eindrucksvoll nach, der Landkreis Miltenberg ist in den letzten acht Jahren von fast 132 000 Einwohnern auf heute noch gut 127 000 Einwohner geschrumpft.Laut Bevölkerungsvorausberechnung des Bayerischen Landesamtes für Statistik ist für den Landkreis Miltenberg bis 2031 mit einem Bevölkerungsrückgang von 7,5% zu rechnen, das wäre noch einmal eine Abnahme um über 9 500 Menschen.
Es werden jedoch nicht nur deutliche Veränderungen in der Bevölkerungszahl, sondern auch in der Altersstruktur erwartet. So wird der Anteil der über 65-Jährigen um 40% zunehmen, der 16- bis 19-Jährigen hingegen um 29% abnehmen.Diese Zahlen, meine sehr verehrten Damen und Herrn, kann man jetzt bejammern, bedauern, schulterzuckend zur Kenntnis nehmen oder aber wie wir Freien Wähler positiv gestaltend angehen und mit inhaltlichen und personellen Alternativen den Menschen im Landkreis Miltenberg Perspektiven für die Kommunalwahlen aufzeigen, Aufbruch signalisieren und Veränderungsalternativen anbieten.
„Man kann nicht in die Zukunft schauen, aber man kann den Grund für etwas Zukünftiges legen – denn Zukunft kann man bauen.“Mit dieser Erkenntnis von Antoine de Saint-Exupery wird deutlich, dass Zukunft nicht etwas Zufälliges ist, das uns überrollt, sondern dass Zukunft ein Prozess ist, den ich planvoll mitgestalten, mit beeinflussen, mitsteuern kann.
Einer der renommiertesten Zukunftsforscher, Prof. Horst Opaschowski, hat schon im Jahre 1980 auf den sog. demografischen Wandel hingewiesen und in diesem Zusammenhang nicht vom älter werden der Gesellschaft gesprochen, sondern von der „4. Generation“. Was er damals schon andeutete und heute bereits Realität ist, sind die sich verändernden Lebensstile und er meinte damit die enorme Zunahme der Freizeit, die positiv als Sozialwert in die Gesellschaft eingebracht wird.
Mit dieser These, meine sehr verehrten Damen und Herrn, bin ich mittendrin in unserer Agenda 2026, wo wir bei unseren Wahlzielen unter dem Stichwort „Soziale Schwerpunkte und Gesundheitsvorsorge“ u. a. formuliert haben
- Unterstützung von Initiativen zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements und
- Stärkere Unterstützung des Ehrenamtes durch das Landratsamt …
Die Veränderungen in der Bevölkerung verlangen vom Landkreis und von jeder einzelnen Kommune Planungs- und Handlungsbedarf in den Bereichen der Infrastruktur. Unterschiedliche Modelle der Kinderbetreuung werden uns ebenso herausfordern wie flexible, familienfreundliche Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen und variable Formen des Zusammenlebens der Generationen.
Gerne verwende ich an dieser Stelle, das Zitat, mit dem jede e-mail unseres Kreisvorsitzenden Thomas Zöller endet:„In Zeiten des Wandels werden die Lernenden bestehen, während die Erfahrenen bestens gerüstet sind für eine Welt, die es nicht mehr gibt.“ (Eric Hoffer)
Wandel, meine sehr verehrten Damen und Herrn ist mehr als Veränderung! Wandel ist bewusst etwas Neues schaffen, am besten etwas Neues schaffen, das Begeisterung und Emotionen bei den Menschen auslöst.
Deswegen scheue ich mich nicht, auch an dieser Stelle meine Vision vom S-Bahnanschluss nach Frankfurt bis zum Ende meiner Amtszeit als Landrat des Landkreises Miltenberg am 30. April 2026 in den Raum zu stellen als den wesentlichsten Baustein der Zukunftsgestaltung für unseren Landkreis so wie wir als Freie Wähler insgesamt die Gestaltung des demografischen Wandels als Herausforderung und lohnende Gestaltungsaufgabe annehmen. Wir Freien Wähler nehmen auch in dieser Frage das Heft des Handelns aktiv und offensiv in die Hand und steuern vorausschauend konstruktiv gegen auf sämtlichen kommunalen Handlungsfeldern.
Ich werde immer wieder gefragt, woher ich meinen grenzenlosen Optimismus nehme – erstens, ich bin gelernter Lehrer, also von Hause aus Berufsoptimist und zweitens, eine meiner Lieblingsgeschichten bestärkt mich permanent in diesem Optimismus.
Ich will sie Ihnen nicht vorenthalten; sie stammt von Eckehard von Hirschhausen; er schreibt:
Diese Geschichte ist mir tatsächlich passiert. Ich war als Moderator auf einem Kreuzfahrtschiff engagiert. Da denkt jeder: „Mensch toll! Luxus!“Das dachte ich auch. Bis ich auf dem Schiff war. Was das Publikum angeht, war ich auf dem falschen Dampfer. Die Gäste an Bord hatten sicher einen Sinn für Humor, ich hab ihn nur in den zwei Wochen nicht gefunden. Und noch schlimmer: Seekrankheit hat keinen Respekt vor einem Arzt. Kurzum: ich war auf dieser Kreuzfahrt kreuzunglücklich.
Endlich! Nach drei Tagen auf See, fester Boden! Das ist wahrer Luxus“! Ich ging in einen norwegischen Zoo. Und dort sah ich einen Pinguin auf seinem Felsen stehen. Ich hatte Mitleid: „Musst du tatsächlich Smoking tragen? Wo ist eigentlich deine Taille“ Und vor allem: hat der liebe Gott bei dir die Knie vergessen?“ Mein Urteil stand fest: Pinguin – Fehlkonstruktion, absolute Fehlkonstruktion!
Dann sah ich noch einmal durch eine Glasscheibe in das Schwimmbecken der Pinguine. Und da sprang „mein“ Pinguin ins Wasser, schwamm dicht vor mein Gesicht.
Wer je Pinguine unter Wasser gesehen hat, dem fällt nix mehr ein. Er war in seinem Element! Ein Pinguin ist zehnmal windschnittiger als ein Porsche! Mit einem Liter Sprit käme er umgerechnet über 2500 km weit! Pinguine sind hervorragende Schwimmer, Jäger, Wassertänzer!Und ich dachte : „Fehlkonstruktion!“
Dieser Pinguin hat mich zwei Dinge gelehrt. Erstens: wie schnell ich oft urteile, und wie ich mit diesem Urteil komplett daneben liegen kann. Und zweitens: wie wichtig das Umfeld ist, ob das, was man gut kann, überhaupt zum Tragen kommt.
Wir alle haben unsere Stärken, haben unsere Schwächen. Viele strengen sich ewig an, Macken auszubügeln. Verbessert man seine Schwächen, wird man maximal mittelmäßig. Stärkt man dagegen seine Stärken, wird man einzigartig. Und wer nicht so ist, wie die anderen sei getrost: Andere gibt es schon genug!
Wenn du als Pinguin geboren wurdest, machen auch sieben Jahre Psychotherapie keine Giraffe aus dir. Also nicht lange hadern. Bleib als Pinguin nicht in der Steppe. Mach kleine Schritte und finde dein Wasser! Und dann: Spring! Und Schwimm! Und du wirst wissen, wie es ist, in deinem Element zu sein.
In diesem Sinne, meine sehr verehrten Damen und Herrn, wünsche ich uns allen für die Herausforderungen, die auf uns warten, den größtmöglichen Erfolg; nicht weil jeder von uns persönlich diesen Erfolg dringend bräuchte – nein – unser Erfolg dient der erfolgreichen Zukunft des Landkreises Miltenberg.
Grußwort von MdL Dr. Hans Jürgen Fahn
Lassen mich mit den warnenden Worten von Wilhelm Busch beginnen:
Willst du froh und glücklich leben,
lass kein Ehrenamt dir geben!
Willst du nicht zu früh ins Grab,
lehne jedes Amt gleich ab.Gottseidank sieht die Realität in Bayern ganz anders aus. Rund 3,6 Millionen Menschen oder 40% der Bevölkerung über 14 Jahren engagieren sich ehrenamtlich. Und das ist gut so. Die Hochwasserkatastrophen in den Niederbayern vor einigen Monaten hätten wir nie so gemeistert, wenn nicht alle gemeinsam angepackt hätten. Und das war genau so, als wir vor einigen Jahren bei uns im Landkreis Hochwasser hatten.
Bürgerschaftliches Engagement zahlt sich auf vielfältige Weise aus und ist gelebte Sozialpolitik!
Ein Gutachten der katholischen Stiftungsfachhochschule Eichstätt kommt zu einem sehr interessanten Ergebnis:
Im Schnitt erzielt der Einsatz von einem Euro im Ehrenamt einen Nutzen von 7,24 Euro. Es lohnt es sich also, wenn man sich engagiert.
In einem Volksentscheid am 15.9.2013 stimmten 90% der bayer. Bevölkerung für eine Aufnahme des Ehrenamts in die Bayer. Verfassung. Wörtlich heißt es jetzt in Art. 121 : „Staat und Gemeinden fördern den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl“.
Und wir freuen uns, dass sich immer mehr Bürger auch im Landkreis Miltenberg ehrenamtlich engagieren. Und dazu gehören auch ältere Menschen. Und heute gilt der Spruch: „Man ist so alt, wie man sich fühlt“. Die Generation der 65-85jährigen fühlt sich im Durchschnitt mindestens 10 Jahre jünger als es dem tatsächlichen Alter entspricht. Wie sehr sich Altersschwellen im Vergleich zu früheren Generationen verschoben haben, macht die Verwendung von Lippenstift bei Frauen jenseits der 60 deutlich (laut einer wissenschaftlichen Studie von 2013):Vor rund 30 Jahren hat nur jede vierte Frau zwischen 65 und 75 Jahren regelmäßig Lippenstift verwendet, heute ist es jede zweite. Ältere Leute wollen sich ehrenamtlich engagieren: Aber wenn,
- dann bei einem interessanten Projekt
- dann, wenn viel Selbstbestimmung dabei ist
- dann, wenn das Engagement zeitlich begrenzt ist
Wir brauchen in den nächsten Jahren noch mehr ehrenamtlich engagierte Bürger, denn in vielen Bereichen wie z.B. Umweltschutz, Gesundheit und Pflege, Integration und im Bereich Bildung besteht dringender Handlungsbedarf. Die Einführung des 8jährigen Gymnasiums (G 8) hat das Engagement von Schülern wegen fehlender Freizeit drastisch um mindestens 20% reduziert. Dies ist u.a. ein Grund, warum die Freien Wähler derzeit 25000 Unterschriften sammeln, damit z.B. bei einem G 9mehr Zeit für das Ehrenamt und auch mehr Zeit für das Lernen bleibt. Die Listen liegen hier noch aus.
Wir wollen und müssen auch die Anerkennungskultur steigern, um den Satz „Viel Amt und wenig Ehr“ zu widerlegen. Beispiele sind die Ehrenamtskarte und der Ehrenamtsnachweis. Und wir Freie Wähler wollen auch im Landtag erreichen, dass ehrenamtliches Engagement von Schülern und Studenten notenmäßig (bei den Studenten heißt es credit points) belohnt wird, Und natürlich ist es auch wichtig, die vorhandenen ehrenamtlichen Strukturen zu erhalten und zu stärken. Wir müssen Personen, die sich gezielt ehrenamtlich engagieren (z.B. als Hospizbegleiter, Familien- oder Bildungspate) durch entsprechende Schulungen weiterbilden. Das kostet Geld und wir freuen uns, dass der Bayer. Landtag am 18.4.2012 auf Antrag der Freien Wähler einstimmig beschlossen hat : „Die Staatsregierung wird auf- gefordert, Bürgerschaftliches Engagement und Ehren amt zu unterstützen und finanziell zu fördern“. Denn auch beim Ehrenamt gilt der Spruch: „Ohne Moos nix los“. Aber wir wissen und ich hoffe auch, dass meine Ausführungen haben beweisen können, dass das Ehrenamt der Kitt ist, der unsere Gesellschaft zusammenhält.
Und damit keine Missverständnisse entstehen: Ohne Ehrenamt und Bürgerschaftliches Engagement ist unser Sozialstaat, aber er ersetzt ihn keinem Fall.
Und zum Schluss noch einen großen Dank und auch Anerkennung an sie alle hier in der Volkshalle in Großwallstadt. Sie alle sind das positive Beispiel für gelebtes Ehrenamt. Freie Wähler haben sich in den vergangenen Monaten massiv ehrenamtlich engagiert und Unterschriften für die Abschaffung der Studiengebühren gesammelt und wir waren mit 14,3% erfolgreich: Die Studiengebühren gehören der Vergangenheit an. Und jetzt brauchen wir noch 3000 Unterschriften (22000 haben wir schon), um das G 9 wieder einzuführen. Machen Sie also mit. Hinten liegen Unterschriftslisten. Freie Wähler sind für mehr direkte Demokratie und daher bitten wir auch um Unterschriften für eine Direktverbindung von einer Regionalbahn von Miltenberg nach Hanau. Wenn Sie unseren Landratskandidaten Bert Schmid praktisch und ganz konkret in Form einer Petition unterstützen wollen, dann unterschreiben Sie auf den ausliegenden Listen. Zum Schluss möchte ich mich bei ihnen alle für ihre ehrenamtliche kommunalpolitische Arbeit in den in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten bedanken. Ich wünsche ihnen alles Gute für den Endspurt im Wahlkampf 2014. Gelebte Demokratie beginnt ganz unten und das sind sie, die Kandidaten für den Gemeinderat, den Stadtrat und Kreistag und den Landrat.
Ein Glück, dass es die Freien Wähler gibt!